Review:

I Proclaim Justice

(SILENT MISERY)

by Gast

Die vier Jungs von SILENT MISERY aus München haben am 5. April ihre erste größere Veröffentlichung in Form der EP "I Proclaim Justice" an den Start gebracht - und damit sich selbst die Messlatte ganz schön hoch angelegt. Wer erwartet hat, dass Debüt-Veröffentlichungen schon irgendwo ihre Macken haben und selten auf ganzer Linie überzeugen, wird bei SILENT MISERY eines Besseren belehrt: das Ding ist nichts anderes als eine rundum stimmige Moshpit-Walze, die nur darauf wartet mit Volldampf Konzerthallen und Festivalgelände platt zu machen.

Die Scheibe beginnt mit "Lies", was als brachialer Opener schon eine ziemliche Ansage ist: Konstant auf Halftime pflügen sich harte Riffs in einen gnadenlosen Breakdown, und im Chorus hören wir überraschenderweise auch klaren Gesang, der vielleicht die einzige Schwachstelle der EP ist, denn sie wirken hin und wieder unsicher - da hätte man in der Produktion vielleicht nachhelfen können. Dennoch überzeugen sie, und es wäre auch irgendwie schade, wenn sie nicht da wären. So zum Beispiel bei der nächsten Nummer "Cure", und was soll man sagen: so schnell wie der landete bei mir selten etwas in der Moshpit-Playlist. Die erste Minute ist eine einzige Riff-Kanone im Doublebass-Gewitter mit tiefsinnigen Textzeilen wie "Üüüägh" oder "Aaaargh". Dieses liebevolle Metal-Klischee von Bratgitarren und Kickdrum-Artellerie, fulminant aufgegriffen und herrlich böse ausgearbeitet. Silent Misery machen hier alles richtig, der Song heizt besser als ein Blasebalg im Sauerstoffzelt. Der Gesang ist diesmal sehr gut eingesetzt, noch stärker sind aber die Screams. Der Kollege weiß auf jeden Fall, was er tut. Ruhigere Töne schlägt dann "Sleep" an, mit welchem die Herren beweisen, dass sie auch starke Chord-Progressions auf einfallsreiche Riffs ummünzen können. Das ist elegant und am Zahn der Zeit. Zum Ersten Mal hören wir auch cleane Gitarren und längere Passagen mit klarem Gesang. Hier finden wir das einzige Gitarrensolo der Platte, das dafür aber goldrichtig platziert und eines Debütalbums würdig ist - Nicht virtuos, aber ambitioniert und stimmig! "A Prophecy" erinnert eingangs stark an die glorreichen Tage der Nu-Metal-Ära, und in der Strophe kommen Liebhaber von Chug-Walzen und Dämonengegurgel voll auf ihre Kosten. Die Nummer endet genau richtig, sie ist keine Minute zu lang oder zu kurz, auf positive Weise ist sie vorhersehbar. Vielleicht zeigen die Jungs grade hier, dass sie das Rezept für Hit-Songstrukturen bereits geknackt haben! Die große Überraschung kommt aber am Ende der EP: "Chains", die mit Abstand stärksten Minuten der Platte, schreit an allen Ecken und Enden nach Moshpit und pumpt mit aller Gewalt Wagenladungen an Bock und Bierdurst durch jedes Publikum. Und mal ehrlich, wer einen Song so herunterfahren kann, nur um dann langsamer und noch brutaler in den Breakdown zu starten, weiß genau, wie Festivalstimmung geht. Was für eine Ansage zum Ende der Scheibe!

Die vier Herren sind jedenfalls alles andere als Silent, und dürfen durchaus stolz sein auf ihr Baby. "I Proclaim Justice" ist hochwertig produziert und fügt sich wunderbar in jede Kickass- und Banger-Playlist. Die Jungs wissen, was guter Sound ist, und auch, wie gute Studio-Performance klingen muss. Dass das Ganze auch live funktioniert, stellen sie immer wieder bei Konzerten in ihrer Heimatstadt unter Beweis - und bei dieser EP ist zu erwarten, dass sie das in Zukunft auch nicht nur dort tun werden! Brachialer Metalcore a'la ORBIT CULTURE oder I PREVAIL ist schließlich mehr als gefragt in diesen Tagen. Wenn die Jungs genau hier weiter machen, bahnt sich da nicht weniger als ein echter Newcomer an. Und das will was heißen!

Autor: Jakob Pflüger

 

 

I Proclaim Justice


Cover - I Proclaim Justice Band:

SILENT MISERY


Genre: Metalcore
Tracks: 5
Länge: 18:30 (Digital)
Label: Eigenproduktion
Vertrieb: Eigenveröffentlichung